Einsteigen, bitte!
Best-Practice-Beispiele der schulischen Medienbildung gibt es in Hamburg bereits. Jetzt heißt es, sich aus Erfahrung schlau zu machen und flächendeckend mehr zu bewegen!
Das Lernen mit und über digitale Medien ist integraler Bestandteil des staatlichen Bildungsauftrages. Bereits Grundschulen sind gefordert zu einem kompetenten Umgang der Kinder mit Medien beizutragen. Doch wie viel von der guten Papierlage in den Lehrplänen, Aufgabengebieten, Strategiepapieren und Rahmenkonzepten kommt tatsächlich in der Praxis der Grundschulen an? Mit Blick auf die kommende Veranstaltung der Sendereihe angedockt: Medienbildung Hamburg zum Thema "Medienbildung in Hamburger Grundschulen" gibt das Mediennetz Hamburg einen Überblick erfolgreicher Modellversuche in der Hansestadt.
Großes Getummel, die Schulglocke läutet, Tische werden gerückt, Stühle geschoben. Die Federtasche landet auf dem Tisch, dann die Büchern und - Mist! Schon wieder das Biologiebuch vergessen, das gibt Ärger! Wer kann sich nicht daran erinnern, dicht an dicht mit dem Sitznachbarn in ein gemeinsames Buch geschaut oder die Mitschülerin nach einer neuen Tintenpatrone gefragt zu haben? Gehört all das bald der Veragangenheit an? So schnell geht's dann doch nicht. Dennoch werden digitale Medien als Gegenstand und Thema immer häufiger in den Schulalltag integriert. Denn Tablet und Co. können Bildungsprozesse auf gewinnbringende Weise unterstützen und erweitern und Kindern bereits in jungen Jahren kompetent erfahrbar gemacht werden.
Telekom-Projekt entwickelt Konzept zum schulischen Einsatz digitaler Medien
Dieser Meinung sind auch die Verantwortlichen des Projekts Herausforderungen in der Grundschule digital begegnen der Deutschen Telekom Stiftung in Zusammenarbeit mit den Pädagogischen Hochschulen Ludwigsburg und Schwäbisch-Gmünd sowie den Universitäten Bremen, Hamburg und Potsdam. „Junge Menschen müssen in der digitalen Welt zurechtkommen. Deshalb sollten sie bereits in der Grundschule den pädagogisch sinnvollen Umgang mit digitalen Technologien erlernen.", so Professor Dr. Wolfgang Schuster, Vorsitzender der Deutschen Telekom Stiftung. Bis 2018 sollen Konzepte für den produktiven Einsatz digitaler Medien im Grundschulunterricht entwickelt und erprobt werden, um Grundschullehrkräften das nötige Know-How für digitalen Unterricht zu vermitteln. Im Mittelpunkt des Hamburger Konzepts stehen sieben teils fächerübergreifende Unterrichtsprojekte zum digitalen Lernen, die mit den Partnergrundschulen Schule Rellinger Straße und Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg entwickelt werden. Dabei wird ein breites Spektrum des Grundschulcurriculums abgedeckt, das sich über den Mathematik-, Deutsch-, Sach- und Sportunterricht sowie die Medienbildung und informatische Bildung erstreckt. Das Vorhaben orientiert sich dabei an den aktuellen Empfehlungen zur Arbeit an der Grundschule der Kultusminister Konferenz 2015 und ist in die Lehrerbildung sowie die Lehrerbildungsforschung an der Universität Hamburg eingebettet.
Mit Programmierkenntnissen zur digitalen Mündigkeit
Auch die Körber-Stiftung setzt sich intensiv mit dem Thema Medienbildung auseinander. Unter dem aktuellen Fokusthema "Digitale Mündigkeit" engagiert sie sich für die Vermittlung digitaler Kompetenzen ebenso wie für eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Gestaltung des digitalen Wandels. Gemeinsam mit der Initiative App Camps hat sie das Hamburger Pilotprojekt zum Minicomputer "Calliope Mini" ins Leben gerufen, das sowohl Schülerinnen und Schülern als auch Lehrkräften einen spielerischen Zugang zur digitalen Welt eröffnen und Grundlagen der Programmierung vermitteln soll. "Wir wollen in Hamburg den Fehler vermeiden, dass Geräte an die Schulen kommen, die keiner nutzt, weil die didaktischen Konzepte fehlen. Daher setzen wir den Calliope Mini ganz bewusst nur mit den zugehörigen Lehrmaterialien, wie zum Beispiel Lernkarten und Kurzvideos, ein und bieten gleichzeitig für die Lehrkräfte maßgeschneiderte Schulungen an. Diese Vorgehensweise hat sich bereits bei anderen Aktivitäten von App Camps bewährt. ", so Julia André, Leiterin des Fokusthemas Digitale Mündigkeit. Schon im aktuellen Schuljahr soll es losgehen! Die kostenlosen Klassensätze des Calliope Mini werden mit ausführlichen Unterrichtsmaterialien, Schulungen für Lehrkräfte und weiterer Unterstützung an die Schülerinnen und Schüler ab Klasse 3 verteilt. Insgesamt nehmen 10 Grundschulen, 5 Stadtteilschulen und 5 Gymnasien an dem Projekt teil und können den Minicomputer in Zukunft in allen möglichen Fächern themenbedingt einsetzen.
Das ABC der kompetenten Internetnutzung
Weniger um den Einsatz digitaler Geräte und mehr um den kompetenten Umgang im Internet geht es bei dem bundesweiten Projekt Internet-ABC-Schule. Neben den zahlreichen Informationen zur Einbindung von Themen wie Datenschutz, Urheberrecht und Cybermobbing in den Unterricht, die die Internetplattform Lehrkräften kostenlos zur Verfügung stellt, erhalten so genannte "Internet-ABC-Schulen" weitere umfangreiche Unterstützung und Hilfestellung bei der Projektvorbereitung und der konkreten Umsetzung. In vier Lerneinheiten über das 3. und 4. Schuljahr verteilt, werden die Schulen mit gezielten Schulungsmaßnahmen und kompetenten Referentinnen und Referenten auf ihrem Weg zur Internet-ABC-Schule intensiv begleitet und gefördert. Am Ende eines erfolgreichen Durchlaufs an den Schulen steht die Auszeichnung als Internet-ABC-Schule. In Hamburg haben sich bereits seit dem Schuljahr 2014/2015 über 30 Grundschulen erfolgreich an dem Projekt beteiligt.
Agenten der Medienbildung
Medienbildung als kultureller Auftrag? Das geht - sogar gut! Im Rahmen des Programms Kulturagenten für kreative Schulen wird Medienbildung auch in Hamburg als Teil kutureller Wissensvermittlung in den Schulalltag integriert. Als Modellversuch in 2011 gestartet, begleitet das Projekt aktuell mit 46 Kulturagentinnen und Kulturagenten jeweils ein lokales Netzwerk aus drei Schulen pro Bundesland. Seit dem Schuljahr 2015/16 wird das Programm in Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen als jeweiliges Landesprogramm weitergeführt. In Hamburg sind so bereits zahlreiche Projekte zu Film, Foto, Literatur und Theater entstanden.
Hamburg benötigt eine flächendeckende Medienbildung
Trotz dieser Best-Practice-Beispiele, die zeigen, dass Medienbildung erfolgreich in der Schulbildung von Kindern und Jugendlichen integriert werden kann, wird diese noch viel zu selten als Pflichtaufgabe angesehen. Entsprechend finden Forderungen des von der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossenen Rahmenkonzepts Medienkompetenzförderung in Hamburg noch wenig Anwendung. Grund genug, um den Blick einmal über die Landesgrenze schweifen zu lassen.
In Niedersachsen findet die Umsetzung von Medienkompetenzförderung mit der Verabschiedung des Konzepts Medienkompetenz in Niedersachsen vor allem kommunal durch so genannte Medienkoordinatoren statt. Sie installieren ein Mediennetzwerk und koordinieren dieses, bündeln alle Informationen zu Medienthemen und -angeboten der Kommune und kennen neben lokalen auch überregionale Netzwerke, die sie über mögliche medienpädagogische Angebote informieren. Mit dieser Koordination von Medienkompetenzförderung können sich Medienpädagoginnen und -pädagogen über ihre Arbeit austauschen und ihr Wissen weitergeben.
Wie Medienkompetenzförderung flächendeckend auch in Hamburg umgesetzt werden sollte und weshalb dies vor allem für Grundschulen wichtig ist, wird Thema der Veranstaltung angedockt: Medienbildung Hamburg am 29. Juni 2017 sein. Ab 16 Uhr wird in der Stadtteilschule Alter Teichweg die Medienbildung in Hamburger Grundschulen diskutiert. Vor Ort anwesend sind:
- Martin Brause, Chief Digital Officer, Behörde für Schule und Bildung
- Prof. Dr. Rudolf Kammerl, Lehrstuhl für Medienpädagogik Erlangen-Nürnberg
- Christina Rütten, Lehrerin Grundschule Alter Teichweg
Weitere Informationen zur Veranstaltung: